March 17, 2023

Vertrauen im Coaching – lesen Sie den Gastblog von Manuela Tischler

Was ist Vertrauen im Coaching? Warum ist es wichtig? Welche Arten von Vertrauen gibt es? Lesen Sie dazu einen Gastbeitrag von Manuela Tischler:

Da ich schon seit einiger Zeit Vertrauensforscherin bin, mittlerweile als lösungsorientierter Coach, taucht in meinem Kopf oft folgende Frage auf: Welche Rolle spielt Vertrauen in der lösungsorientierten Coachingpraxis? Natürlich gibt es viele Parameter, die die Qualität und den Erfolg einer Coachingbeziehung beeinflussen. Aber es gibt nur wenige, die für eine gut funktionierende Beziehung zwischen Klient und Coach entscheidend sind. Einer davon ist aus meiner Sicht Vertrauen.

Zuerst möchte ich eine Definition von Vertrauen von Charles Feltman (2008) mit Ihnen teilen, die sehr hilfreich ist, um besser zu verstehen, was Vertrauen bedeutet. Feltman definiert Vertrauen als die Entscheidung, das Risiko einzugehen und etwas, das einem wichtig ist, den Handlungen einer anderen Person auszusetzen.

Um eine vertrauensvolle Coaching-Beziehung aufzubauen, müssen Coach und Klient einander vertrauen. Worin sie jedoch vertrauen müssen, unterscheidet sich geringfügig.

Worauf der Klient vertrauen muss:

- auf den Coach als Person (das heißt auf seine/ihre Persönlichkeit, sein/ihr Verhalten, seine/ihre Denkweise usw.), dass der Klient sich so zeigen kann, wie er/sie wirklich ist und nichts zurückhält.

- auf die ethische Praxis des Coaches (d. h. Vertraulichkeit) und seine/ihre „professionellen Kompetenzen“, wie Piotr Sztompka (1999) es nennen würde.

- (Lösungsorientiertes) Coaching als Gesprächsform im Allgemeinen, die dabei hilft, die Lösungen zu finden, nach denen ein Klient sucht, und seine Probleme zu lösen.

Auf der anderen Seite muss der lösungsorientierte Coach Vertrauen haben in:

- den Coaching-Prozess im Allgemeinen, insbesondere in die Nützlichkeit der Partnerschaft, die Klientenzentriertheit, das Nichtwissen oder Nichtwissenmüssen (Einstellung/Neugier des Lernenden) usw..

- die Fähigkeiten des Klienten, insbesondere seine Anpassungsfähigkeit und Fähigkeit, Dinge herauszufinden.

- seine Kompetenzen als lösungsorientierter Coach („Coaching mit Vertrauen“). Eine dieser Kompetenzen kann die Anpassungsfähigkeit des Coaches sein. Das kann bedeuten, darauf zu vertrauen, dass man Dinge gemeinsam mit dem Klienten klären kann, auch wenn das Gespräch nicht optimal verläuft. Weitere wichtige Kompetenzen als Coach sind sicherlich die Fähigkeit, sich voll und ganz zu präsentieren, aktiv zuzuhören und einen intimen und offenen Raum zu schaffen sowie wirkungsvolle Fragen zu stellen.

- die Vertraulichkeit des Klienten, was bedeutet, dass der Klient keine persönlichen/kritischen Informationen über Sie weitergibt, die Sie während eines Gesprächs mit dem Klienten geteilt haben.

Neben dem Wissen, worauf Coach und Klient vertrauen müssen, ist es auch interessant zu erforschen, wie Vertrauen in einer Coaching-Beziehung entsteht. Normalerweise denken wir in einem Gespräch nicht über die Existenz von Vertrauen nach, wir spüren es nur, wenn es da ist, und vermissen es, wenn es nicht da ist. Das ist auch der Grund, warum Martin Endreß sagt, dass der Standardmodus des Vertrauens der „implizite Modus“ ist. Für eine Coaching-Beziehung gilt:

- Vertrauen ist etwas, das in der Interaktion zwischen Coach und Klient entsteht. Diese Gegenseitigkeit ist ein Kernmerkmal von Vertrauen. Der erste Schritt zum Aufbau einer vertrauensvollen Coaching-Beziehung kann darin bestehen, Ihrem Interaktionspartner einen Vertrauensvorschuss zu geben. Das bedeutet, dass Sie etwas, das Ihnen wichtig ist, den Handlungen Ihres Gesprächspartners aussetzen (siehe Definition von Vertrauen nach Feltman). Als Coach könnten Sie Ihrem Klienten beispielsweise persönliche Informationen über sich selbst mitteilen. Und in den folgenden Coachinggesprächen wächst das Vertrauen kontinuierlich, Gespräch für Gespräch. Nach Martin Endreß ist dies „prozessbasierter“ (Martin Endreß 2002) Vertrauensaufbau.

- Eine andere Möglichkeit, eine vertrauensbasierte Beziehung aufzubauen, ist „eigenschaftsbasierter“ (Martin Endreß 2002). Das bedeutet, dass die Interaktionspartner gewisse gemeinsame Merkmale aneinander bemerken, die ihnen ein Gefühl der Vertrautheit vermitteln. Dies kann z. B. das Geschlecht, die Rasse, der kulturelle oder soziale Hintergrund sein. Neben Hintergrundinformationen über den Familienstand können private und berufliche Erfahrungen sowie bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (z. B. eher introvertiert/extrovertiert, eher rational/emotional) Momente sein, in denen vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut und vertieft werden.

- Schließlich können institutionelle Indikatoren das Vertrauen mindern, wie z. B. Zertifikate, Akkreditierungen oder Mitgliedschaften in Berufsverbänden, um nur einige zu nennen.

Zum Abschluss dieses Beitrags möchte ich einige Ideen zu der Frage teilen, was wir als Coaches aus diesen Erkenntnissen für unsere Coaching-Praxis lernen können.

- Es kann eine gute Sache sein, einige Hintergrundinformationen/Erfahrungen mit unseren Klienten zu teilen, da dies dem Klienten helfen kann, uns leichter zu vertrauen. Dadurch kann der Klient freier sprechen und er selbst sein, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Coachingsitzung für den Klienten wertvoller wird.

- Es ist ein so kostbares Geschenk, wenn wir als Coaches voll und ganz auf die Fähigkeit unserer Klienten vertrauen, Dinge selbst herauszufinden. Diese Erfahrung des Vertrauens des Coaches beeinflusst das Vertrauen des Klienten in sich selbst und seine Fähigkeit, Probleme selbst zu lösen, positiv.

Das bringt mich zu dem Schluss, dass Vertrauen für eine sinnvolle und produktive Coachingbeziehung von grundlegender Bedeutung ist.

Ich freue mich auf Ihre Sichtweise zur Rolle von Vertrauen in der lösungsorientierten Coachingpraxis. Mit freundlichen Grüßen, Manuela.

Wenn Sie daran interessiert sind, Vertrauen in Aktion zu erkunden, stürzen Sie sich ins kalte Wasser und kommen Sie zu einem unserer kostenlosen Treffen und Austausche!

Referenzen

Sztompka, Piotr (1999): Vertrauen. ASoziologische Theorie, Cambridge: Cambridge University Press.

Feltman, Charles (2008): The ThinBook of Trust: An Essential Primer for Building Trust at Work, Thin Bookpublishing Company.

Endreß, Martin (2002): Vertrauen, Bielefeld: Transcript.

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